„Nein!“ – „Alleine machen!“ – „Ich will ein zweites Eis!“ – „Hau ab, du verstehst das eh nicht!“ – „Der andere hat angefangen!“
Starke Worte, Agression, Ablehnung – wenn unsere Kinder sich so verhalten, dann kann sich das ganz schön anstrengend anfühlen. Beim Versuch, Grenzen zu ziehen und Regeln zu setzen, fühlen wir uns immer wieder im Widerstand zu unserem Kind oder werden scheinbar ignoriert.
Drei Beispiele: Dein 3-jähriger Sohn will im Sandkasten den Bagger haben und reißt ihn einem anderen Kind weg. Deine 5-jährige Tochter ärgert immer wieder die ältere Schwester und zerstört gemalte Bilder. Dein 12-jähriges Kind besteht lautstark darauf, mehr Handyzeit zu bekommen.
Unsere Kinder können in diesen Situationen (noch) nicht selbst wahrnehmen und verstehen, wie sie sich sozial verhalten sollten oder was die Konsequenzen ihres Handelns ist. Sie brauchen unsere Führung und Orientierung. Unsere Aufgabe ist es, sie in ihrer Entwicklung zu fördern, indem wir Grenzen setzen.
Bewusstsein für unsere eigenen Gefühle
Wir haben in unserer Arbeit bei Transparents viel darüber geforscht, warum uns der Trotz und der Widerstand der Kleinsten oft so fertig macht und warum wir uns so schwer tun mit dem Grenzen setzen. Es gibt gute Gründe dafür, dass die Wut und das “Nein” in dir Hilflosigkeit oder Aggression auslösen. Diese Gründe sind meist in unserer eigenen Kindheit zu finden: Vielleicht haben wir uns erschreckt, bedroht und ausgeliefert gefühlt, wenn Erwachsene um uns herum so waren. Oder es war für uns selbst sehr gefährlich, vor unseren Eltern so wütend und aggressiv zu sein, weil wir mit Liebesentzug oder Angriff bestraft wurden. Tatsächlich wurde diese enorme Lebenskraft, die in der Wutkraft steckt, ganzen Generationen ausgetrieben: Wir wurden bestraft, beschämt oder ignoriert, wenn wir nicht kooperiert haben. Wenn wir dann mit der Wutkraft unserer Kinder konfrontiert werden, zieht uns das oft den Boden unter den Füßen weg und macht uns Angst. Oft fehlt uns an der Stelle selbst die gesunde Lebenskraft (also unsere ursprüngliche, gesunde Wutkraft), um der Wutkraft unserer Kinder gelassen begegnen zu können.
Wenn ein Kind “Nein” sagt, löst das in vielen Erwachsenen ein Gefühl unendlicher Hilflosigkeit aus. Es gibt viele unter uns, die selbst als Kind möglicherweise nicht von den Eltern und nahen Bindungspersonen gehört wurden. Als kleines Wesen ist das eine sehr bedrohliche Erfahrung, denn wir sind als Kinder ja zu 100 % von unseren Eltern abhängig.
Liebevolle Zuwendung statt Machtkämpfe
Wenn unser Kind sich weigert, nein sagt, dann hat es eine starke Kraft. Nimm es nicht persönlich. Dein Kind entdeckt seine Eigenständigkeit und freut sich, anders zu sein als du, als andere Menschen.
Vielleicht kannst du dich mit einer anderen Sicht auf Dein Kind schauen und dich mit deinem Kind über diese wachsende Eigenständigkeit freuen. Natürlich gibt es Grenzen, denn dein Kind braucht an vielen Stellen deine Lenkung. Vergiss nicht, du bist gefragt in deiner fürsorglichen Führungsrolle, damit auch dein Kind sich immer wieder entspannen kann.
8 Tipps, wenn dein Kind “Nein!” sagt
- Nimm dir Zeit und gib deinem Kind Zeit. Das entspannt euch beide.
- Sage dir innerlich “Mein Kind ist ein ganz anderes, eigenständiges Wesen”, es darf so reagieren, wie es möchte! So bekommst du mehr Distanz zu seiner Reaktion und nimmst sein Verhalten weniger persönlich.
- Bevor du Nein sagst, nimm dir einen kurzen Moment Zeit, Verbindung aufzunehmen. Sag ihm etwas Nettes, Bestätigendes, verbal oder nonverbal. Und dann, wenn ihr nahe seid, schau ihm in die Augen und sage ihm Nein.
- Wenn dein Kind mit Widerstand, Wut, Auslachen, Wegrennen etc. reagiert, versuche die Eigenständigkeit und Autonomie des Kindes zu würdigen, indem du zuerst “einfach” seine Reaktion respektierst, ohne direkt zu handeln.
- Nimm dir einen Moment Zeit, so dass dein Kind spürt, dass seine Reaktion bei dir angekommen ist und dass es sicher ist, dass du es gehört und gesehen hast. Verbalisiere deine Beobachtung oder Wahrnehmung “Ah, du möchtest die Zähne nicht putzen…”. Dies kann auch ohne Worte sein, es geht mehr darum, dass dein Kind wirklich fühlt, dass du es hörst. Dabei stimmst du nicht seinem Verhalten zu.
- Wenn sie wegrennen oder uns ignorieren, atme aus, atme ein, hol dir einen Schluck zu trinken und gib euch beiden etwas Zeit. Wenn du wieder ruhiger bist, setze oder stelle dich freundlich zu deinem Kind hin und nimm Kontakt auf.
- Wenn es weggerannt ist oder dich ignoriert hat, zeige deinem Kind, dass du es immer noch magst. Schau, dass zwischen euch wieder mehr Verbindung entsteht. Nimm dir Zeit, bis dein Kind dich wieder anschaut. Augenkontakt ist ja so wichtig
- Schenke ihm dann ein weiteres, klares Nein, aber ein innerliches Ja. Wenn dein Kind fühlt, dass du auf seiner Seite stehst, kann es kooperieren. Gleichzeitig bleibst du Leuchtturm in deiner Aufgabe, Orientierung zu geben.