Konflikte in eurer Beziehung hören sich oft so an?
A: Wollen wir heute mal was Schönes machen?
B: Hm. Weiß nicht…
A: Was ist das denn für eine Antwort? Ich lade dich herzlich ein, mit mir was Schönes zu unternehmen und du schaust nicht mal auf, sondern murmelst nur „Hm. Weiß nicht“… na danke schön!
B: Jetzt hör doch auf hier gleich wieder Stress zu machen. Darf ich noch nicht mal einen Moment überlegen ob ich heute Lust habe mit dir „was Schönes“ zu unternehmen. Ich hatte ja vielleicht auch was anderes vor.
A: Du hast ja scheinbar in letzter Zeit immer was anderes vor!
B: seufzt
A: Du hast einfach kein echtes Interesse mehr an unserer Beziehung; dann sag das doch auch so.
B: Das stimmt nicht. Nur heute hatte ich vielleicht auch Lust, was allein zu machen.
A: Na bitte, dann mach das doch, viel Spaß!
B: Ok, na gut.
A: Ja ist klar, daran merkt man ja, dass du einfach keine Lust hattest. Ich hab bald auch keine Lust mehr. Geht Türe knallend
B: Seufzt wieder und vertieft sich wieder in ein Buch
A: Kommt zurück und sieht B in das Buch vertieft und flippt aus. Na klar! Das scheint dich ja noch nicht mal interessieren, dass mich das jetzt total trifft. Wir streiten uns und du kriegst das nicht mal mit. Du bist einfach nur froh, wenn du dein Buch lesen kannst und deine Ruhe hast!
B: Schweigt
A: Wird noch vehementer.
Usw. usw.
Kommt euch das als Dynamik bekannt vor? Also vielleicht auch in anderem Gewand: Etwas subtiler, etwas weniger laut und fordernd, sondern eher still leidend und/oder vielleicht auch etwas deutlicher flüchtend und sich nicht einlassen könnend?
Dann kann es sein, dass ihr euch in der typischsten und unglücklichsten Beziehungsdynamik der Welt befindet, wo der eine (oft sehr verständlicherweise!) schimpft/vorwirft/meckert/beschwert und der andere daraufhin (ebenso verständlicherweise) genervt reagiert/erstarrt/sich zurückzieht/flieht oder auch in den Gegenangriff geht.

Der Hintergrund für diese Dynamik
Ungesunde Beziehungsdynamiken entstehen, wenn wir in Situationen mit dem Partnermenschen (unbewusst) an einen alten Schmerz kommen und anstatt zu fühlen, dass da ein Schmerz ist, eine (oft unbewusste) Strategie einsetzen um Traurigkeit, Angst oder was es auch sei nicht fühlen zu müssen
Die Dynamik entwickelt sich immer auf der Ebene unserer Abwehrstrategie. Was wir ggf. mit Unterstützung lernen können ist, dass wir anstatt unserer Abwehrstrategie (die wie ein Schutzpanzer funktioniert) unsere Verletzlichkeit wieder zulassen. Wenn wir lernen, unsere tieferen Gefühle anzunehmen und nicht mehr unbedingt vor ihnen fliehen müssen, dann entsteht ein Gefühl von Freiheit. Dann erst erleben wir eine wirklich freie Wahl in Bezug auf die Art und Weise, wie wir uns in der Partnerschaft verhalten wollen, wo vorher eher der Autopilot übernommen hat.
Doch oft wissen wir zunächst gar nicht, was wir unter der kalten Wut, dem nagenden Ärger, dem Drama, der Verzweiflung, der Erstarrung, dem „gar nichts mehr fühlen“ so fühlen. Dann kann jemand, der uns seine Neugier und Offenheit und seinen nicht urteilenden Blick zur Verfügung stellt sehr hilfreich sein. Denn die Vorgänge rein kognitiv zu verstehen hilft uns leider nicht weiter, sondern führt oft eher noch dazu, dass sich die Dynamik verstärkt.
Es gibt die unterschiedlichsten Wunden, die wir aus der Kindheit mit uns tragen und uns einen ganz persönlichen Umgang damit angeeignet haben, um damit umzugehen.
Eine ganz typische Wunde ist die, dass wir nicht wahrgenommen, ja oft vernachlässigt worden sind, uns nicht ganz geliebt fühlten und echten Kontakt vermisst haben. Eine andere sehr klassische Wunde, dass wir den Eindruck hatten, dass es nicht okay ist, wenn wir wirklich ganz unserer eigenen Spur folgen, dass wir viel geschimpft worden sind, dass wir gelernt haben, brav zu sein damit wir voll geliebt werden.
Bei der ersten Wunde ist ein ganz typischer Umgang damit, dass wir wütend werden und schimpfen oder jammern und ganz verzweifelt sind, wenn nun unser Partnermensch diese Wunde berührt.
Der Umgang mit der anderen Wunde tönt nicht so laut. Da wirken wir meist nicht so emotional, eher kühl und unbeteiligt, was dann den Eindruck weckt, nur die andere Person, die so laut und dramatisch ist und so schimpft oder jammert wäre „getriggert“. Dabei ist die Not hier ebenso groß und ebenso aus unserer Vergangenheit rührend.
Miteinander ergibt sich hier natürlich ein ganz schmerzlicher Kreislauf, den wir als Paar in Aktion fast nicht durchbrechen können. Ganz besonders schwierig ist es dann, wenn dann noch unsere Hilflosigkeit und gegenseitiges aufeinander Angewiesensein als Eltern dazu kommt, wo wir ja so oft in einen Funktionsmodus rutschen und unsere Verletzlichkeit ganz tief weg stecken.
Dann bleibt oft nur noch ein permanentes aneinander ziehen und zerren und Schimpfen und fluchen und sich anschreien. Und mittendrin sitzen Kinder, die darunter leiden. Und wir sehen das und fühlen uns schlecht und schämen uns und das macht alles eigentlich noch schlimmer.

Bitte liebe Elternpaare: Wenn ihr so was erlebt, holt euch Hilfe. Ihr seid nicht allein mit diesen Herausforderungen, ihr seid keine Versager, ihr braucht einfach nur Unterstützung.
Wir sind dabei, einige Angebote für Elternpaare zu entwickeln, hier findet ihr weitere Infos:
Und wir laden euch herzlich ein zu unserem kostenlosen Infocall zum Thema “Beziehungsraum der Eltern”am 29. Juni um 20.30h